Felix van Tienhoven Die Erforschung von Metallpfeifen befindet sich immer noch im Anfangsstadium. Viele Stücke liegen unbeachtet in Museumsdepots und Privatsammlungen, und auch die wenigen archäologischen Funde sind noch weitgehend unbearbeitet. Der vorliegende Beitrag bietet einen ersten komprimierten Überblick über Metallpfeifen aus zahlreichen europäischen Ländern sowie aus dem Fernen Osten. Die vorgestellten Metallpfeifen wurden aufgrund formaler Vergleiche anhand der gut erforschten Tonpfeifentypologie datiert und bestimmt, wobei die Herkunft von Metallpfeifen ist noch weitgehend unbekannt ist. Zukünftige Forschungen zu Metallpfeifen, nicht zuletzt aus datierten archäologischen Befunden, können diese Lücke vielleicht schließen.
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Andreas Heege Aufgrund von meist unzureichend stratifizierten Pfeifenfunden an urgeschichtlichen
oder römischen Siedlungen gab es in der Schweiz zwischen 1840/1850
und 1914/1915 eine wissenschaftliche Auseinandersetzung um die Frage,
seit wann der prähistorische Mensch geraucht hat. Die keltische bzw.
römische Datierung von Bodenfund-Pfeifen führte jedoch dazu,
dass sie in private und museale Sammlungen übernommen wurden. Als
dann um die Jahrhundertwende die neuzeitliche Datierung feststand, stellten
sie keine sammelnswerten prähistorischen Artefakte mehr dar. |
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Rüdiger Articus Im 19. Jh. tauchen Metallpfeifen in der Schweiz, in Südwestdeutschland
und in Frankreich vermehrt als Bodenfunde auf. Erstmals erfasst von dem
Schweizer Apotheker Burkhard Reber und anderen Zeitgenossen, wurden diese
Pfeifen fälschlich als keltisch oder römisch angesehen. Pfeifen
aus Metall gibt es zwar weltweit, und die ältesten Stücke stammen
bereits vom Ende des 16. Jh., dennoch sind sie in Sammlungskatalogen,
Museen und auf Auktionen eher selten. Ein Großteil von in Sammlungen
aufbewahrten, teilweise sehr fantasievoll gestalteten Metallpfeifen dürfte
im 19. Jahrhundert entstanden sein. ![]() Abb. 1: Chinesische Tabakspfeife aus Silber. Japanische
Silberpfeife. Japanische Messingpfeife mit Rohr aus Bambus.
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Hans-Jürgen Knoch/Carsten Spindler
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Erki Russow/Sirje Pallo Untersuchungen zu Metallpfeifen aus Estland stehen noch ganz am Anfang. Erstmals werden hier vier sehr unterschiedlich gestaltete Metallpfeifen vorgestellt, davon drei Bodenfunde, die in den Sammlungen des Estnischen Nationalmuseums in Tartu (Dorpat) und des Estnischen Historischen Museums Tallinn aufbewahrt werden.
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Mjöll Snæsdóttir/Sigríður Þorgeirsdóttir Im südisländischen Bischofssitz Skálholt wurde 2006 in einem als Küche interpretierten Gebäudeteil (dat. 1. H. des 18. Jh.) eine Eisenpfeife mit einem dekorativem Stielbeschlag aus Zinn gefunden. Die Kopfform ähnelt der englischer Pfeifen aus der Zeit von 1680-1710, und es ist gut möglich, dass diese Metallpfeife ebenfalls aus England stammt. |
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Abb.: Metallpfeife aus Skálholt, Island.
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Abb. 7: Auf- und Grundriss einer Boraxbüchse, aus der technischen Enzyklopädie des Johann Joseph Prechtl (19. Jahrhundert). |
Karin Kühtreiber
Auf den ersten Blick einer Metallpfeife ähnlich - der Bodenfund einer Boraxbüchse aus Wien Bei den Grabungen im Bereich der Stallburg in Wien wurde
aus einer spätmittelalterlichen Latrinenverfüllung ein Gegenstand
geborgen, der auf den ersten Blick einer Metallpfeife ähnelt. Tatsächlich
handelt es sich um eine sog. Boraxbüchse. Diese kleinen Behältnisse
bestehen aus einem zylindrischem oder leicht konischem Gefäßkörper
sowie einer langschmalen, an der Oberseite gezackten Ausgussröhre
und wurden zur Aufbewahrung und Handhabung von Borax, Zinnasche oder anderen
Essenzen verwendet, wo eine feine Dosierung in geringen Mengen notwendig
war. Vergrößerung
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Wolfgang Cremer |
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Ralf Kluttig-Altmann/Martin Vyšohlíd/Jaromír Žegklitz
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Michaela Hermann Erstmals für die ehemalige Reichsstadt Augsburg
wird ein größerer zusammenhängender Fund von Tabakspfeifen
aus einer Ausgrabung vorgelegt. Besonders die Reliefpfeifen mit den Porträts
von Mitgliedern des niederländischen Fürstenhauses Oranien,
die außerhalb der Niederlande selten vorkommen, sind ein bisher
singulärer Fund in Bayern, und es wird daher der Frage nachgegangen,
weshalb diese teuren Rauchutensilien ausgerechnet in der Augsburger Jakobervorstadt,
einem etwas ärmeren Stadtviertel, auftauchen. Möglicherweise
handelt es sich um die Hinterlassenschaft eines (Klein-)Händlers.
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Jörg Ansorge Die gewerbliche Nutzung von Serpentinstein zur Produktion von Gefäßen aller Art hat im Erzgebirge eine jahrhundertealte Tradition. Über die Herstellung von Tabakpfeifen aus Serpentin im 18. Jh. gibt es spätere Berichte. Im Jahr 2007 kam nun erstmals ein gut erhaltener Gesteckpfeifenkopf aus dunkelgrünem, polierten Zöblitzer Granatserpentinit bei Ausgrabungen in Stralsund zutage. Formale Vorbilder waren Porzellan-Pfeifenköpfe, wie sie bis in die 1760er-Jahre von vielen deutschen Porzellanmanufakturen gefertigt wurden. Obwohl sicherlich einige tausend Tabakpfeifen aus Serpentin gefertigt wurden, sind sie in der musealen und archäologischen Überlieferung äußerst selten.
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Wolfgang Cremer Zusammensetzungen mit "Tabak" als Bestimmungswort, wie zum Beispiel "Tabak(s)pfeife" oder "Tabak(s)dose", werden in der Literatur mal ohne, mal mit sogenanntem Fugen-s geschrieben. Das gilt auch für viele andere Komposita, wie zum Beispiel "Schaden(s)ersatz" oder "Einkommen(s)steuer". Eindeutige Regeln zu formulieren, ist nicht möglich, weshalb unter anderem auch der Duden feststellt, dass bei einer großen Zahl von Komposita der Gebrauch des Fugen-s schwankt, "ohne dass sich eine allgemeine Bildungsregel angeben ließe". In vielen Wörterbüchern und Grammatiken werden jedoch einige allgemeine Anhaltspunkte für die Praxis formuliert, die man aber nicht als verbindliche Regel verstehen darf. |
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Ruud Stam Im Jahr 1822 verboten die Niederlande die Durchfuhr
von Tonpfeifen, was vor allem die Westerwälder Hersteller empfindlich
traf. Erst 1845 kommt der Export über holländische Häfen
wieder in Gang. Bis zum Jahr 1871 liegen detaillierte Exportstatistiken
vor, die jedoch genau untersucht werden müssen, da in die Zahlen
teilweise auch andere Exporte mit eingeflossen sind. Neben dem Hauptabsatzgebiet
Nordamerika und dem wichtigen Markt in Skandinavien versuchten die Westerwälder
Pfeifenhersteller in der ganzen Welt Fuß zu fassen, wobei sie
stets mit niederländischen, vornehmlich Goudaer Herstellern, konkurrierten,
die zu jeder Zeit einen größeren Anteil am Export behaupten
konnten. Die Westerwälder Pfeifenhersteller versuchten, sich ihren
Marktanteil über die niedrigeren Preise zu sichern.
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Ruud Stam |
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Ralf Kluttig-Altmann Bei der im Jahr 2004 durchgeführten Sanierung der
Marienkirche zu Kamenz in der Oberlausitz traf man im Turm der Kirche
auf eine 4,60 m mächtige Abfallschicht, die dort seit ca. 600 Jahren
angewachsen war. Eine Stratigrafie war allerdings nicht vorhanden. Fast
unscheinbar im Verhältnis zu den großen Mengen an Keramik nehmen
sich die 19 Pfeifenköpfe und acht Pfeifenstiele im Fundmaterial aus.
Sie datieren von der Mitte des 17. bis ins frühe 19. Jh.
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Michaela Hermann Nachdem er fast 50 Jahre unerkannt in einer Fundkiste schlummerte, kam durch einen Zufall der Kopf einer Gesteckpfeife wieder ans Tageslicht. Es handelt sich um einen zylindrischen, in einem Model geformten Pfeifenkopf aus grün glasierter Irdenware, für den bisher keine Parallele bekannt ist. Abb. 1: Augsburg, Gallusplatz 7 (St. Gallus). Grün glasierter Pfeifenkopf. H 6,7 cm. |
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Ralf Kluttig-Altmann |
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Letzte Aktualisierung: 28.11.2013
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