KnasterKOPF
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Band 20 / 2009

Band 19 / 2007

Band 18 / 2005

Band 17 / 2004

Beiband 1 / 2003

Band 16 / 2003

Band 15 / 2002

Band 14 / 2001

Band 13 / 2000

Band 12 / 1999

Band 11 / 1998

Band 10 / 1997

Band 9 / 1997

Band 8 / 1996

Band 7 / 1995

Band 6 / 1992

Band 5 / 1991

Band 4 / 1991

Band 3 / 1990

Band 2 / 1990

Band 1 / 1989


KnasterKOPF 18/2005

Inhalt

Martin Kügler:
Ein persönliches Wort zum Abschied

Liebe Leser ...


Aktuelle Tagungsberichte

Natascha Mehler/Martin Kügler:
18. Tagung des Arbeitskreises Tonpfeifen 2004 in Lüneburg

David Higgins:
Die Tagung der "Society for Clay Pipe Research" 2004

Michiel Rutten:
Der "pijpendag" des "Pijpelogische Kring Nederland" 2004

Felix van Tienhoven:
Jahrestagung der "Académie Internationale des la Pipe" 2004



Titelbild Band 18


Aus der Forschung

Ralf Kluttig-Altmann:
Tonpfeifenfunde im südlichen Ostseeraum und in Schlesien - Erste Ergebnisse einer internationalen Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg

Malgorzata Jaszczuk-Surma:
Tabak und Schnupftabak im Lichte polnischer medizinischer Ratgeber im 18. Jahrhundert

Katarzyna Meyza:
Tonpfeifenimporte aus West- und Osteuropa aus der Zeit vor 1720 in Warschau

Wojciech Siwiak:
Funde preußischer Pfeifen in Polen auf der Grundlage publizierter Materialien. Ein Abriss der Forschungsproblematik

Teresa Witkowska:
Der Handel mit Rostiner Tonpfeifen aufgrund archäologischer Funde

Martin Kügler:
Die Arbeiter der Tonpfeifenmanufaktur in Rostin - Möglichkeiten einer Analyse

Ilze Reinfelde:
Tonpfeifenfunde in Riga. Ein erster Überblick

Agne Civilyte/Linas Kvizikevicius/Saulius Sarcevicius:
Die Pfeifenwerkstatt des 17./18. Jahrhunderts in Vilnius

Erki Russow:
Tonpfeifen aus Tallinn

Gábor Tomka:
Die archäologische Erforschung der Tonpfeifen in Ungarn - Eine Kurzübersicht

Martin Kügler:
Neue Quellen zur Tonpfeifenherstellung in Celle

Bernd Standke:
Ein Tonpfeifenfund in Halle

Martin Kügler:
Zur Genealogie der Pfeifenbäckerfamilie Wille in Görlitz

Ralf Kluttig-Altmann/Martin Kügler:
Internationale Terminologie der Tonpfeifenforschung. Teil IV: Polnisch - deutsch

Ralf Kluttig-Altmann/Martin Kügler:
Internationale Terminologie der Tonpfeifenforschung. Teil V: Ungarisch - deutsch

 

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Neue Funde

Rüdiger Articus:
Tonpfeifen in der Kunst

Carsten Spindler:
Funde von Tonpfeifenfragmenten auf "Fäkalienfeldern" bei Braunschweig

Brigitte Fettinger:
Tonpfeifen von der Ruine Alt-Scharnstein, Oberösterreich

Thomas Weitzel:
Tonpfeifen aus dem Depot des Ostfriesischen Landesmuseums in Emden

Ursel Beck/Gudrun Heinssen-Levens:
Haithabu-Tonpfeifen. Lesefunde von der Siedlungsfläche innerhalb des Ringwalles

Maurice Raphaël:
Funde von Fort de Bellegarde, Südfrankreich

Jason Pickin:
Importierte und lokal produzierte Tonpfeifen aus der Grabung "Stevens and Smith" in Lancaster/Pennsylvania (USA)

André Dehaybe:
Die Pfeife eines Kriegsgefangenen

Arne Åkerhagen:
Eine Tonpfeife mit Hakenkreuz

Arne Åkerhagen:
Zwei Pestpfeifen aus dem Tessin

Rüdiger Articus:
Ein Pfeifenstiel aus Sborovsky in Hamburg

Bernd Kramer:
"Du meiner Einsamkeit beliebter Zeitvertreib ..." - Tabakgenuss zu Beginn des 18. Jahrhunderts


 

Verzeichnis der zitierten Literatur


Neue Literatur

Rezensionen

D.H. Duco: Merken en merkenrecht van de pijpenmakers in Gouda. Amsterdam 2003.

D.H. Duco: Century of change. The European clay pipe, its final flourish and ultimate fall. Amsterdam 2004.

Wolfgang Cremer: Pfeifen, Hanf und Tabak in Schwarzafrika. Niedernhausen 2000.

Jörg Pannier: Pipe-Line. Das Buch zur Pfeife. Münster 2004.

Christian Rätsch: Schamanenpflanze Tabak. Solothurn 2002/2003.


Buchanzeigen

Bibliografie neu erschienener Literatur


Notizen

Mitteilungen und Tagungshinweise


Anhang

Anschriften der Herausgeber und Mitarbeiter

Abkürzungen

Grenzgebiete der Tonpfeifenforschung

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Ralf Kluttig-Altmann:
Tonpfeifenfunde im südlichen Ostseeraum und in Schlesien - Erste Ergebnisse einer internationalen Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg

Anlässlich der 18. Tagung des Arbeitskreises Tonpfeifen 2004 am Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg wurde im Haus auch die Ausstellung "Tabak und Tonpfeifen im südlichen Ostseeraum und in Schlesien" eröffnet. Ziel von Ausstellung und Tagung war, einen grenzüberschreitenden Überblick zu ermöglichen und weitere gemeinsame Forschungen anzustoßen. Aus der Untersuchung der zahlreichen in- und ausländischen Ausstellungsobjekte ließen sich erste Tendenzen der Tonpfeifenbenutzung in diesen Regionen herausarbeiten.
Sowohl im Ostseeraum als auch in Schlesien hat man es dabei mit sehr verschiedenen Fundorten zu tun: ehemalige Standorte großer Tonpfeifenmanufakturen (Rostin, Sborovsky), Städte mit einem gewissen Anteil "veredelter" Pfeifen in Form von nachträglichem Glasieren (Lüneburg, Warschau) als auch reine Importstädte (Elblag, Tartu, Klaipéda, Wroclaw). Die Verbrauchsorte Nordpolens und des Baltikums zeichnet dabei, neben vielen Produkten der schon genannten preußischen Manufakturen, ein auf regem Seehandel beruhender Anteil englischer bzw. schottischer Pfeifen aus. Weiter südlich, in Warschau und Wroclaw, wird der ehemalige osmanische Einfluss in Form von sehr vielfältigen Gesteckpfeifenköpfen deutlich. Dies alles - neben den vor allem im 17. Jahrhundert allgegenwärtigen niederländischen Importen - sind Merkmale, die die Fundlandschaft Polens und des Baltikums deutlich von der Deutschlands, auch Lüneburgs, unterscheiden. Diese erste Einschätzung wird in Zukunft hoffentlich durch neue Fundmeldungen und Erkenntnisse ergänzt, damit das Bild der Tonpfeifenproduktion und des Pfeifenhandels im südlichen Ostseeraum und in Schlesien viele seiner Fragezeichen verliert.



Pfeifenköpfe

Abb. 1: Produkte der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts aus Sborovsky/Zborowsky, Polen,
gefunden in Breslau/Wroclaw.
Pfeifenköpfe

Abb. 2: Köpfe handmontierter Pfeifen,
glasierte und unglasierte Exemplare,
2. und 3. Viertel des 17. Jahrhunderts, Fundort Breslau/Wroclaw.
 
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Malgorzata Jaszczuk-Surma:
Tabak und Schnupftabak im Lichte polnischer medizinischer Ratgeber im 18. Jahrhundert

Tabak gelangte auf zwei Wegen nach Polen: einem westlichen aus England und Spanien und einem östlichen aus der Türkei. Die Pflanze verbreitete sich ebenso wie das Tabakrauchen im 17. Jahrhundert rasch in allen Schichten der Bevölkerung. Besondere Aufmerksamkeit wurde bis weit in das 18. Jahrhundert hinein aber der medizinischen Verwendung geschenkt, wie an Hand zahlreicher medizinischer Ratgeber nachvollzogen werden kann. Besondere Hilfe erwartete man vom Tabak gegen die Pest - sowohl als Schutz vor Ansteckung wie auch als Heilmittel.

 


 

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Katarzyna Meyza:
Tonpfeifenimporte aus West- und Osteuropa aus der Zeit vor 1720 in Warschau

In einem kurz nach 1704 verfüllten Keller des königlichen Schlosses in Warschau fanden sich 121 Fragmente der weißen, westeuropäischen Tonpfeifen und 17 Gesteckpfeifenköpfe südosteuropäischen Ursprungs. Während die weißen Tonpfeifen fast vollständig den typischen niederländischen Pfeifen der zweiten Hälfte des 17. und des beginnenden 18. Jahrhunderts entsprechen, können die Gesteckpfeifenköpfe bisher nicht näher datiert werden. Auch ihr Produktionsort bleibt vorerst noch unbekannt.

Abb: Gesteckpfeifenköpfe aus der Kellerverfüllung
des königlichen Hoftheaters im Warschauer Schloss.

 

 
Gesteckpfeifenköpfe

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Zeichnung

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Wojciech Siwiak:
Funde preußischer Pfeifen in Polen auf der Grundlage publizierter Materialien. Ein Abriss der Forschungsproblematik

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Tonpfeifen geht in Polen bis in die 1950er Jahre zurück, das Interesse der Archäologen ist aber dennoch gering geblieben. Dies ist überraschend, denn Pfeifen können das beste chronologische Datierungskriterium für kulturelle Siedlungsschichten der Neuzeit sein.
Hervorzuheben sind die Untersuchungen über die heute in Polen gelegenen städtischen preußischen Zentren im 18. und 19. Jahrhundert. Führende archäologische Forscher, die über die preußischen Manufakturen (Rostin und Sborovsky) arbeiteten, mussten sich aber darauf beschränken, die Abwurfhalden zu untersuchen, ohne planmäßige Ausgrabungen durchführen zu können. Funde aus einigen polnischen Verbrauchsorten wurden bereits publiziert, so u.a. aus Kolberg/Kolobrzeg, Danzig/Gdansk, Bromberg/Bydgoszcz, Thorn/Torun und Posen/Poznan, doch zahlreiche Funde harren noch ihrer Bearbeitung.



Abb.: Niederländische Tonpfeifen aus dem 17. Jahrhundert,
gefunden in einem Schiffswrack in der Danziger Bucht.

 

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Teresa Witkowska:
Der Handel mit Rostiner Tonpfeifen aufgrund archäologischer Funde

Die Tonpfeifenfabrik in Rostin/Roscin in der Neumark wurde um 1753 durch den örtlichen Gutsbesitzer Oberst von Bredow errichtet. Er nutzte die Tonlagerstätten, die sich in der Nähe befanden. Die Jahresproduktion betrug ca. 10.000 bis 12.000 Groß Tonpfeifen, die in Preußen verkauft und nach Polen exportiert wurden. Seit 1775 war Isaak Salingre, ein Kaufmann aus Stettin, Besitzer der Tonpfeifenfabrik in Rostin. Auf dem Seeweg versandte er die Pfeifen zusammen mit den in seiner Fabrik in Stettin/Szczecin produzierten Tabakwaren in die Ostseehafenstädte.
Die bei archäologischen Grabungen und von Privatsammlern geborgenen Tonpfeifen aus Rostin lassen das weite Verbreitungsgebiet erkennen. Funde sind aus den Hafenstädten Kolberg/Kolobrzeg, Memel/Klaipéda, Danzig/Gdansk sowie Hamburg und Lübeck wie auch aus einigen polnischen Großstädten wie Bydgoszcz/Bromberg, Torun/Thorn, Poznan/Posen und Warschau publiziert.

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Lageplan

Abb.: Lageplan der Manufaktur in Rostin/Roscin;
die Produktion fand vermutlich teilweise in den Räumen des Schlosses statt.

 

 


 

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Martin Kügler:
Die Arbeiter der Tonpfeifenmanufaktur in Rostin - Möglichkeiten einer Analyse

Das Verzeichnis der in der Manufaktur beschäftigten Arbeiter wurde bereits 1936 publiziert und wird hier mit ergänzenden Angaben versehen erneut vollständig abgedruckt. Neuere Forschungen erlauben es, zahlreiche Zuwanderer aus Südniedersachsen und Nordhessen (Grossalmerode, Hameln, Uslar, Helmstedt oder Walbeck) wie auch aus dem Westerwald zu identifizieren. Dennoch sind einer Untersuchung über die Herkunft der Arbeiter und der Arbeitsorganisation in der Manufaktur enge Grenzen gesetzt. Es ist aber erkennbar, dass es einen regen Zuzug von auswärtigen Pfeifenbäckern gegeben hat, worunter sich jedoch keine Niederländer befanden.

 


 

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Ilze Reinfelde:
Tonpfeifenfunde in Riga. Ein erster Überblick

Im archäologischen Fundmaterial von Riga gibt es 1500 Pfeifenköpfe und 13.516 Stielfragmente. Das Fehlen von schriftlichen wie archäologischen Informationen über eine lokale Pfeifenproduktion lässt nur den Schluss zu, dass alle Pfeifen importiert wurden. Die Masseneinfuhr von Tabak nach Riga ist seit der Mitte des 17. Jahrhunderts dokumentiert worden. Das Haupteinfuhrland für Tabak waren die Niederlande.
Die Untersuchung des Pfeifenmaterials aus Riga hat gezeigt, dass die frühesten Pfeifen aus dem frühen 17. Jahrhundert stammen, ihre Anzahl ist jedoch noch gering. Seit etwa dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts kann man von einem Massenimport sprechen. Dagegen scheint der Gebrauch der Pfeifen im 18. und 19. Jahrhundert abzunehmen. Die meisten Pfeifen des 17. Jahrhunderts stammen aus Holland, nur wenige aus England. Im 18. und 19. Jahrhundert verringert sich der Anteil der niederländischen Tonpfeifen zugunsten der Importe aus England und vor allem aus Preußen.

 

Zeichnung

Abb 1: Jonas-Pfeifen aus den Niederlanden, 17. Jahrhundert, gefunden in Riga.
Vollbild

Zeichnung
Abb 2: Dekorierte Pfeifen des 19. Jahrhundert,
gefunden in Riga, Detail.
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Agne Civilyte/Linas Kvizikevicius/Saulius Sarcevicius:
Die Pfeifenwerkstatt des 17./18. Jahrhunderts in Vilnius

Ausgrabungen in Vilnius/Wilna 2004 brachten ein überraschendes Ergebnis. Neben vielen Tonpfeifenköpfen aus rot brennendem Ton wurde auch zahlreiche glasierte Exemplare sowie Brennhilfen gefunden. Offenbar handelt es sich um die erste archäologisch nachgewiesene Pfeifenbäckerei in Litauen und im gesamten Baltikum. Die Tätigkeit der Pfeifenbäckerei kann auf die Zeit um 1700 eingegrenzt werden. Weitere Grabungen 2005 sollen dazu beitragen, auch den Pfeifenofen nachzuweisen.

 

 


Fotografie

Abb 1: Fragment einer Brennhilfe
für glasierte Pfeifen aus Vilnius.

Fotografie   Fotografie

Abb 2: Glasierte und unglasierte Pfeifenköpfe aus Vilnius.

Fotografie

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Abb.: Pfeifenfunde vom Friedhof der Heiligen Barbara in Tallinn.
 

Erki Russow:
Tonpfeifen aus Tallinn

Erstmals können Funde von Tonpfeifen aus Estland vorgestellt werden, die man an verschiedenen Orten der Hauptstadt Tallinn in den letzten Jahren entdeckte. Demnach gibt es im 17. Jahrhundert eine sehr bescheidene Verbreitung der frühen, aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts stammenden Tonpfeifen. Die Anzahl der Pfeifen erhöht sich sprunghaft ab dem dritten Drittel des 17. Jahrhunderts.
Im 18. Jahrhundert sind überraschend wenige Pfeifen englischer, schwedischer, deutscher oder polnischer Herkunft zu beobachten, vielmehr herrschten Pfeifenköpfe unbekannter Herkunft vor. Es scheint für die Baltischen Länder charakteristisch zu sein, dass es hier keine lokale Tonpfeifenindustrie gab, oder dass man sich auf Erzeugnisse aus lokalem Rohmaterial wie aus roter Irdenware und Holz konzentrierte. Soweit bekannt, wurden hier keine klassischen weißen Tonpfeifen hergestellt, obwohl man entsprechendes Rohmaterial einführte. Die Fundkomplexe des 18. Jahrhunderts in Tallinn unterscheiden sich deutlich von denen anderen Regionen an der Ostsee wie in Skandinavien, Nord-Deutschland und Polen.

 

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Gábor Tomka:
Die archäologische Erforschung der Tonpfeifen in Ungarn - Eine Kurzübersicht

Das Pfeiferauchen hat sich im Gebiet des heutigen Ungarn an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert durchgesetzt. Durch die osmanische Besatzung weiter Teile des Landes finden sich Tonpfeifen des westeuropäischen Typs nur selten. Zuerst haben sich die Historiker mit der frühen Epochen des Pfeifenrauchens beschäftigt, und die Völkerkunde hat sich für die Tonpfeifenproduktion in 19. und 20. Jahrhundert interessiert. Neben slowakischen Forschungen in Bánska Stiavnica/Schemnitz haben ungarische Forscher über das Tonpfeifenzentrum von Debrecen in der ungarischen Tiefebene publiziert. Ungarn war im 19. und frühen 20. Jahrhundert auch eines der bedeutendsten Länder für das Schnitzen der Meerschaumpfeifen.
In der 1960er und 1970er Jahren, als viele Baudenkmäler saniert und viele Burgen erforscht wurden, haben sich die ungarischen Archäologen bedauerlicherweise sehr wenig mit Tonpfeifen beschäftigt, doch erschien 1963 eine grundlegende Typologie. In der 1980er und 1990er Jahren machten Grabungsberichte neue Funde bekannt. In den Jahren 2000/2001 wurde von Anna Ridovics und Edit Haider eine Ausstellung über die Geschichte der ungarischen Pfeifen erarbeitet. Der Löwenanteil der Arbeit steht noch bevor. Ein Vielzahl von unpublizierten, türkischen und ungarischen Tonpfeifen verstecken sich in Museumsdepots.

Vollbild

Zeichnung

Abb. 2: Typologie der "türkischen" Gesteckpfeifen.

 

 


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Grafik


Abb 1: Pfeiferauchende westliche Soldaten,
Detail aus einer Darstellung
der Schlacht bei Slankamen 1691.

 

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Martin Kügler:
Neue Quellen zur Tonpfeifenherstellung in Celle

Die Privilegien für die Pfeifenmanufaktur von Johann Heinrich Bönckemeyer in Celle von 1712 stehen in engem Zusammenhang mit den Bestimmungen über den Tonpfeifenhandel im Fürstentum Lüneburg von 1713. Der Staat sicherte sich die Einnahmen aus der Einfuhr niederländischer Tonpfeifen, andererseits schützte er den inländischen "Fabrikanten", dessen Unternehmen einen stattlichen Gewinn abzuwerfen versprach. Die in den Quellen angegebenen Kalkulationen der Herstellungskosten und die staatlich vorgeschriebenen Preise lassen jedoch erkennen, dass nur bei einer vollständigen Durchsetzung des Bönckemeyerschen Monopols und einem entsprechenden sehr hohen Absatz sich diese Überlegungen realisiert hätten. Auch wenn bisher Nachrichten über das weitere Schicksal der Celler Manufaktur nach 1714 fehlen, so lassen die geschilderten Probleme aus der Anfangszeit vermuten, dass das Problem nicht gelöst werden konnte.
Bezeichnend ist daher, dass die Manufaktur mit dem Tode Bönckemeyers 1722 ihre Tätigkeit einstellte und sich die merkantilistischen Träume der Landesverwaltung nicht realisierten. Dennoch trug das hier wie in zahlreichen anderen Sparten des produzierenden Gewerbes angewendete System von Privileg und schützenden Handelsbestimmungen dazu bei, den Markt teilweise zu regulieren. Dies wiederum ist für die Interpretation von Tonpfeifenfunden im Gebiet des ehemaligen Fürstentums Lüneburg von Bedeutung und kann helfen, die Verteilung von Tonpfeifen aus Celle, anderen deutschen Produktionsorten und den Niederlanden innerhalb eines Fundkomplexes zu erklären.

 
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Schriftstück

Abb: Aufstellung des Wiegmeisters Wölschen in Lüchow
über beschlagnahmte Pfeifen vom 9. Dezember 1713.

 

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Bernd Standke:
Ein Tonpfeifenfund in Halle

Mit dem "Fundpunkt Halle" erweitert sich das regionale Verbreitungsnetz von Tonpfeifen, deren Herstellung auf ungewöhnliche und eigenständige Weise vor sich ging: Statt Kopf und Stiel in einem Arbeitsgang auszuformen wurden sie separat gefertigt und dann in noch ungebranntem Zustand zusammengesetzt. Dieses Tonpfeifenmaterial macht etwa 75 Prozent des vorliegenden Fundgutes aus und ergänzt die Fundgruppen an anderen Orten Sachsens und Schlesiens. Die Fragmente weisen keinerlei Glasur auf. Zum größten Teil handelt es sich bei den Tonpfeifen um gerauchte Exemplare. Eine weitere Gemeinsamkeit verbindet alle Fundkomplexe - es ist die Frage nach den Herstellern, die bis auf eine Ausnahme unbeantwortet ist und nach dem Produktionsort, der im ostsächsischen Raum vermutet wird.
Das jüngere Material enthält sehr wenige Fragmente, welche eindeutig niederländischen Ursprunges sind. Die Herstellung von Tonpfeifen in Halle wird durch einen Fersenstempel, der das Wappen der Stadt zeigt, belegt. Eine Stielaufschrift bezieht sich auf das Fürstentum Anhalt, möglicherweise kommt für die Herstellung auch Halle oder Bitterfeld in Betracht.

Vollbild

Zeichnung

Abb: Tonpfeifenfragmente des 17. Jahrhunderts aus Halle.

 

 


 

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Schriftstück

 

 

Martin Kügler:
Zur Genealogie der Pfeifenbäckerfamilie Wille in Görlitz

Im Jahr 1777 wurde in Görlitz der Pfeifenbäcker Johann Conrad Wille mit seiner Familie ansässig. Er stammte aus Merenberg bei Weilburg an der Lahn und hatte zuvor wohl über 20 Jahre in der Pfeifenmanufaktur in Sborovsky gearbeitet. Die Werkstatt befand sich auf dem Töpferberg, ein heute in Zgorzelec, dem seit 1945 polnischen Teil der Stadt, liegenden Areal. Die Söhne und Enkel J.C. Willes arbeiteten ebenfalls als Pfeifenbäcker in Görlitz, doch starb die Familie schon um 1830 aus. Die in den Akten erhaltenen persönlichen Daten werden vollständig wiedergegeben und erlauben eine Rekonstruktion der drei Generationen.

 

 


Abb 1: Beschluss der Töpferzunft
über die Aufnahme Johann Willes als Pfeifenbäckergeselle vom 13. Januar 1777.

 

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Ralf Kluttig-Altmann/Martin Kügler:
Internationale Terminologie der Tonpfeifenforschung. Teil IV: Polnisch - deutsch

Die Notwendigkeit einer polnisch-deutschen Wortliste zur Tonpfeifenforschung ist angesichts der intensiven Kontakte polnischer und deutscher Archäologen und der engen historischen Verbindungen dringend erforderlich. Befinden sich doch die zwei bedeutendsten preußischen Pfeifenmanufakturen des 18. Jahrhunderts in Rostin (Roscin) in der Neumark und Sborovsky (Zborowskie) in Oberschlesien heute in Polen. Ihre Produkte tauchen an zahlreichen Orten Deutschlands und Polens wie auch in den östlich angrenzenden Ostsseestaaten auf und ihre Interpretation ist ohne den Blick über die (Sprach-)Grenzen hinweg nicht möglich.



 

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Ralf Kluttig-Altmann/Martin Kügler:
Internationale Terminologie der Tonpfeifenforschung. Teil V: Ungarisch - deutsch

Von der westeuropäischen Forschung - nicht zuletzt wegen der Sprachprobleme - eher unbemerkt sind in Ungarn in den letzten Jahren zahlreiche Funde publiziert worden. Zudem gab es in Ungarn eine intensive Tonpfeifenproduktion, wobei es sich um Köpfe für Gesteckpfeifen handelt. Wie jüngere Forschungen in Ungarn, der Slowakei, Tschechien, Polen, Österreich und Süddeutschland zeigen, sind ungarische Tonpfeifen in diese Länder verhandelt worden und in archäologischen Fundkomplexen anzutreffen. Die Kenntnis der ungarischen Literatur und ihrer Spezialbegriffe ist daher für weitergehende internationale Vergleiche ebenso wichtig wie die Rezeption der Forschungsergebnisse im Ausland.



 

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Neue Funde

 

 

Rüdiger Articus:
Tonpfeifen in der Kunst

Genreszenen und Stilleben bieten eine Fülle von Informationen zur Kulturgeschichte des Tabakgenusses. Detailgetreue Darstellungen von Tonpfeifen und von unterschiedlichen Formen des Tabaks als Rolle oder als Tabakbrief sind auf den Gemälden ebenso zu finden wie die Zubereitung des Tabaks, das Stopfen der Pfeife und das Rauchen selbst. In der Hamburger Ausstellung "Vergnügliches Leben - Verborgene Lust 2004" waren zahlreiche niederländische Gemälde dieser Art zu sehen.

 
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Carsten Spindler:
Funde von Tonpfeifenfragmenten auf "Fäkalienfeldern" bei Braunschweig

Umfangreiche Funde von Tonpfeifen, die als städtischer Abfall auf die Felder gelangt sind, belegen für die Neuzeit einen lebhaften Fernhandel, wie er auch für andere Waren erkennbar ist. Bemerkenswert ist, dass sich importierte Tonpfeifen gut gegen regionale Produkte behaupten konnten. So können selbst Lesefunde zur Erforschung dieser Warenströme beitragen.

 

 

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Brigitte Fettinger:
Tonpfeifen von der Ruine Alt-Scharnstein, Oberösterreich

Das Fundspektrum besteht fast ausschließlich aus Tonpfeifen des 17. Jahrhunderts, die österreichischer/süddeutscher Provenienz sind, während niederländische Importe mit einer Ausnahme nicht auftreten. Da es sich um Streufunde handelt ist es schwierig, einen zeitlichen Rahmen, indem auch der Fundort sinnvoll miteinbezogen werden kann, zu finden. Der Vergleich mit anderen Funden aus Österreich und Bayern zeigt aber die enge Verwandtschaft des Materials selbst bei extremen Formen wie den Stiefelpfeifen, die hier besonders variantenreich auftreten. Es bleibt zu hoffen, dass bald Produktionsstätten in Österreich und Bayern lokalisiert werden können, um weiterführende Fragen des Handels und Verbrauchs zu klären.

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Abb: Funde von der Burgruine Alt-Scharnstein



 




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Thomas Weitzel:
Tonpfeifen aus dem Depot des Ostfriesischen Landesmuseums in Emden

Die Fragmente zeigen ein eindeutiges Übergewicht niederländischer Importe, die z.T. recht exakt datiert werden können. Fragmente, die auch nur vage deutschen Herstellern zugewiesen werden könnten, sind nicht auszumachen. Fraglich bleibt die Herkunft der Fersenpfeife mit dem Emder Stadtwappen, da eine Produktion in der Stadt selbst als unwahrscheinlich gelten kann.

Abb: Niederländische Importe und eine Pfeife mit dem Emder Stadtwappen


 
Zeichnung

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Ursel Beck/Gudrun Heinssen-Levens:
Haithabu-Tonpfeifen. Lesefunde von der Siedlungsfläche innerhalb des Ringwalles

Bei dem vorgelegten Komplex von Pfeifen handelt es sich um Aufsammlungen von der Oberfläche innerhalb des wikingerzeitlichen Walles von Haithabu in den Jahren 1967 bis 1970. Das Spektrum ist weit gefächert und wird listenmäßig erfasst.


 


 

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Maurice Raphaël:
Funde von Fort de Bellegarde, Südfrankreich

Die wenigen Fundstücke aus dem Brunnen der Festung Le Bellegarde können in keiner Weise repräsentativ für die Pfeifen sein, die während der langen Nutzung der Bastion von den dort stationierten Soldaten geraucht wurden.


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Abb 1: Jakobspfeife. Mitte 19. Jahrhundert
 

Dennoch geben die Fragmente einen Einblick in die zu erwartende Vielfalt. Teils stammen die Pfeifen aus der näheren Umgebung wie Saint-Quentin-la-Poterie oder dem spanischen Palamos, vor allem aber aus weit entfernten Gebieten wie den Niederlanden oder Saint Omer und Givet. So bieten die Pfeifenfragmente weniger Aussagen über das Verhalten der Raucher in der Festung als vielmehr Informationen über die Absatzgebiete der angesprochenen Hersteller.

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Abb 2: Pfeifenkopf aus Palamos, erste Hälfte 19. Jahrhundert
 
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Jason Pickin:
Importierte und lokal produzierte Tonpfeifen aus der Grabung "Stevens and Smith" in Lancaster/Pennsylvania (USA)

Wenn auch die Menge des Fundmaterials gering ist, liegen aus den wichtigsten Etappen der Pfeifengeschichte Beispiele vor: von der weißen, aus Europa importiertenTonpfeife bis zur regional produzierten Pamplin-Pfeife, eine Bruyérepfeife und zwei Glas- bzw. Rauschgift-Pfeifen. Allerdings scheint die geringe Fundmenge ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass sich an dieser Stelle eine Gaststätte befand.

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Abb 2: Grün glasierte Pfeife aus Deutschland (?),
Anfang 19. Jahrhundert
 
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Abb 1: Die Grabungssituation

 

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André Dehaybe:
Die Pfeife eines Kriegsgefangenen

Eine kleine, etwa 20 cm lange Bruyèreholzpfeife ist mit den Inschriften "HELMSTADT", "1940" neben einem Kleeblatt, den Initialen "L Y M" sowie einem eingravierten Vorhängeschloss mit Kette versehen. Offenbar handelt es sich um die Pfeife eines französischen Kriegsgefangen. Nach dem Krieg wird die Pfeife lange als Erinnerungsstück an eine schwere Zeit gedient haben, bevor sie in eine Privatsammlung gelangte. (www.tabacollector.com)

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Abb: Bruyèrholzpfeife mit Gravuren


 


 

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Arne Åkerhagen:
Eine Tonpfeife mit Hakenkreuz

Die Pfeife aus beige-orange brennendem Ton ist mit einer transparenten Glasur überzogen. Der Kopf ist wie ein Baumstumpf ausgebildet, um den sich eine frei modellierte und aufgelegte Schlange ringelt. Auf der Außenseite prangt ein großes schwarzes Hakenkreuz auf weißem Grund; teilweise ist es rot umrandet. Die Pfeife soll in großen Stückzahlen hergestellt und verdienten Soldaten als Geschenk überreicht worden sein; der genaue historische Anlass ist noch unbekannt.

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Abb: Nazipfeife



 


 

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Fotografie

Abb 1: Pestpfeife mit Standfüßen,
Bellinzona kurz nach 1700
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Abb 2: Pestpfeife mit Ring und
Datierung "1723"

 

  Arne Åkerhagen:
Zwei Pestpfeifen aus dem Tessin

Zwei schwarz gebrannte Pfeifen aus dem Pestkrankenhaus in Bellinzona stehen in enger Verbindung mit dem Schutz vor der Pest im 17. und 18. Jahrhundert. Sie sind frei modelliert. Die eine Pfeife weist zwei ungewöhnliche Füße an der Unterseite des Kopfes auf, die ein sicheres Abstellen erlauben. Bei der anderen Pfeife ist auf dem Kopf ein großes Kreuz und die Inschrift "M J 1723" eingeritzt und auf den Stiel ein Ring aufgesetzt, der keine Verbindung zum Rauchkanal besitzt. Die intentionale Schwarzfärbung ist bei beiden gleichmäßig.
Ob das Rauchen aus diesen Pfeifen tatsächlich gegen die Pest geholfen hat erscheint aus heutiger Sicht mehr als fraglich. Die beiden Objekte vermitteln jedoch einen Einblick in die Vorstellungen und Hoffnungen der Menschen zu Beginn des 18. Jahrhunderts und ihren Versuchen, dieser gefährlichen Krankheit zu entgehen.

 

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Zeichnung

Abb: Pfeifenstiel aus Sborovsky


  Rüdiger Articus:
Ein Pfeifenstiel aus Sborovsky in Hamburg

Bei Grabungen in der Hamburger Altstadt 1995 konnte auch ein Pfeifenstiel als Lesefund geborgen werden. Der erhaltene Stieltext "SCHLES." belegt seine Provenienz aus dem oberschlesischen Sborovsky (Zborowskie). Der Pfeifenstiel aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts ist ein bisher singulärer Beleg für die Distribution der Produkte aus Oberschlesien bis nach Hamburg.


 

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Bernd Kramer:
"Du meiner Einsamkeit beliebter Zeitvertreib ..." - Tabakgenuss zu Beginn des 18. Jahrhunderts

Der Dichter Christian Friedrich Hunold (1680-1721), der ab 1700 unter dem Pseudonym "Menantes" berühmt wurde, war passionierter Pfeifenraucher. In seinen Werken hat er sich mehrfach auch positiv über den Tabak und die Tonpfeife geäußert. In seinem thüringischen Geburtsort Wandersleben bemüht sich seit geraumer Zeit ein Förderkreis um die Erforschung und die Würdigung seines Lebens und Schaffens.

 

 

 

Abb: Christian Friedrich Hunold (1680-1721)


 


 

 

 

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Letzte Aktualisierung: 28.11.2013
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