Band 11/1998, S. 1-4
Martin Kügler: Bericht über das 11. Treffen des Arbeitskreises
zur Erforschung der Tonpfeifen in Nordhausen am 3. und 4. Mai 1997
Eingeladen hatte der Nordhausener Geschichts- und Alterumsverein; 39
Personen nahmen teil. In zwei Vorträgen untersuchten H.-J. Grönke
und P. Lauerwald die Geschichte des Tabaks in Nordhausen (KnasterKOPF
Band 11/1998, S. 4-13 und S. 13-24). E. Reiff stellte neue Ergebnisse
der Tonpfeifenforschung im Ostharz vor. Über Tonpfeifenfunde mit
dem Stieltext "VIVAT ..." aus der Altstadt von Hamburg berichteten
U. Beck und G. Heinssen-Levens (KnasterKOPF Band 11/1998, S. 25-45),
und N. Frentrop stellte Fragmente aus Soest vor. W. Morgenroth beleuchtete
die soziale Lage der Pfeifenhersteller in Ruhla, und M. Kügler
griff die Frage der Konkurrenz von Pfeifen aus verschiedenen Materialien
auf. Die Exkursion führte zur Zigarettenfabrik Nordhausen, dem
Tabakspeicher-Museum und der Nordhausener Spezialbrennerei.
Band 11/1998, S. 4-13
Hans-Jürgen Grönke: Aus der Geschichte der Nordhäuser
Kautabakindustrie
Schon 1721 wandten sich die Tabakspinner der freien Reichsstadt Nordhausen
an den Rat der Stadt mit der Bitte um die Errichtung einer Zunft. Eine
Liste Nordhäuser Bürger von 1724 nennt zwei Tabakhändler
und einen (Ton-?)Pfeifenmacher. Die Tabakverarbeitung in der Stadt scheint
im 18. Jahrhundert auf einem niedrigen Stand verblieben zu sein. In
den 1820er Jahren begann die Tabakverarbeitung jedoch zuzunehmen und
Nordhausen wurde schließlich der wichtigste Herstellungsort für
Kautabak in Deutschland. Da die Kautabakfabrikation keine kapitalintensive
Investitionen erforderte, gründeten zahlreiche Tabakspinner und
Arbeiter eigene Betriebe, die sich aufgrund des beträchtlichen
Bedarfs schnell zu großen Fabriken entwickelten. Als Ergebnis
dieser Entwicklung gab es 1880 13 Tabakfabriken in Nordhausen, von denen
viele Kautabak herstellten und die insgesamt 1000 Arbeiter beschäftigten;1925
waren es 25 Fabriken mit 2000 Beschäftigten, die 59% des deutschen
Kautabaks produzierten. Während des Zweiten Weltkrieges verlor
Nordhausen seine dominierende Stellung in der deutschen Tabakproduktion,
an die heute nur noch einige ehemalige Fabrikgebäude erinnern.
Werbeschild der Kautabakfabrik Grimm & Triepel, ca.
1900/10
Band 11/1998, S. 13-24
Paul Lauerwald: Der Tabakanbau auf dem Eichsfeld
Wegen der klimatischen Bedingungen
wächst Tabak in Thüringen nur im sog. Untereichsfeld,
das auch als "Goldene Mark" bekannt ist. Die Verarbeitung
des Tabaks und die Herstellung von Zigarren, Zigaretten und Kautabak
war im Obereichsfeld angesiedelt. In Duderstadt ist der Tabakanbau
erstmals 1660 erwähnt, und 1673 erließ der Stadtrat eine
erste Verordnung über den Tabakhandel und ernannte einen Tabakinspektor.
Durch die Pest gingen der Tabakanbau und der Handel 1682 stark zurück
und konnten sich nur langsam wieder erholen, so dass erst fast einhundert
Jahre später die alte Bedeutung erreicht wurde.
Im 19. Jahrhundert wurde Tabak von Kleinbauern angepflanzt, die
sich zu Absatzgenossenschaften zusammenschlossen, um bei den Versteigerungen
der Tabakernte Mindestpreise erzielen zu können. Der Handel
nahm seit den 1920er Jahren ab, und 1960 machte ein Virus dem Tabakanbau
im Eichsfeld ein abruptes Ende. |
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Das Ausbringen der Tabakpflanzen im unteren Eichsfeld
um 1930
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Band 11/1998, S. 24-45
Ursel Beck/Gudrun Heinssen-Levens: VIVAT HAMBURG - Tonpfeifenfunde
aus der Hamburger "Neustadt"
Bisher konnten 1050 Pfeifenköpfe und ca. 3000 Stielfragmente auf
einer Schutthalde gefunden werden, wohin der Bodenaushub von Bauarbeiten
in der Hamburger Altstadt gebracht worden war. Die Funde datieren in
das 17. und das frühe 18. Jahrhundert. Vorgestellt werden hier
Pfeifen mit dem Stieltext "VIVAT". Dem Hochruf folgt in der
Regel der Name eines Herrschaftsgebietes, einer Stadt oder einer Person.
Die zugehörigen Pfeifenköpfe tragen gewöhnlich ein Porträt
oder das Wappen des auf dem Stiel genannten Territoriums. Eine Anzahl
von Pfeifen weisen den Stieltext "VIVAT BRAUNSCHWEIG ET LUNEBURG"
auf und tragen auf dem Kopf ein springends Pferd, das Hauptmotiv des
Wappens der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, sowie die Jahreszahl
1703. Andere Beispiele sind ebenfalls in die Zeit um 1700 zu datieren.
Pfeifenbäcker sind in Hamburg bisher nicht nachgewiesen, und es
ist zu vermuten, dass es sich um Importe noch unbekannter Provenienz
handelt.
Vivat-Pfeife mit Stieltext und springendem Pferd auf
dem Kopf, Provenienz unbestimmt, dat. 1703
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Band 11/1998, S. 46-49
Rüdiger Articus: Zapfenberg-Pfeifen
Tonpfeifen mit dem Stieltext "Zapfenberg" werden recht häufig
gefunden, doch war nicht bekannt, ob es sich um den Namen des Pfeifenbäckers
oder einer Stadt handelt. Nachrichten aus bisher nicht beachteter Literatur
ab 1712 lassen erkennen, dass Zapfenberg der Name eines Tabakhändlers
ist. "Zapfenberg Tabak" war im 18. Jahrhundert ein weithin verbreiteter
Markenname. Es ist jedoch noch nicht bekannt, wo Zapfenberg lebte. Die
Tonpfeifen mit seinem Namen wurden vermutlich in seinem Auftrag hergestellt,
aber der Produktionsort ist noch unbekannt.
Rundbodenpfeife mit der Fersenmarke "6"
und dem Stieltext "SAPFEN / BERGK",
wohl deutsche Provenienz, 18. Jahrhundert
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Band 11/1998, S. 49-55
Ralf Kluttig-Altmann: Tonpfeifenfunde von einer innerstädtischen
Parzelle Leipzigs
Bei der Ausgrabung des verfüllten Stadtgrabens auf dem Areal
der Anwesens Hainstraße 12 im Zentrum von Leipzig 1996 wurden
auch zahlreiche Tonpfeifenfragmente gefunden. Unter den Funden
waren acht dekorierte Stielfragmente und sechs Pfeifenköpfe
mit Marken. Sie datieren vom späten 17. Jahrhundert bis in
das 20. Jahrhundert, vorwiegend in das 18. Jahrhundert. Diese
Pfeifen sind Produkte der Familie Verzijl in Gouda und Pfeifen
Goudaer Art, die vermutlich in Sachsen produziert wurden. Letztere
können anhand des Wappens von Gouda an der Seite der Ferse
und des Namens des Pfeifenbäckers Laspe auf dem gleichen
Pfeifenkopf indentifiziert werden.
Fersenpfeife mit Fersenmarke "Löwe im
holländischen Garten",
Fersenseiten- und Formmarke,
wohl sächsischer Provenienz, nach 1800
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Band 11/1998, S. 56-74
Christiane Witte: Tonpfeifenfunde in Tönning
Die Aufzeichnungen der Hafenaufsicht in Tönning belegen die Einfuhr
von Tabak schon im Jahre 1627. Der Umfang der Importe niederländischer
Tonpfeifen, die über Tönning in das Umland verhandelt wurden,
sind erstmals in den 1680er Jahren verzeichnet; dieser Handel setzte sich
im 18. Jahrhundert fort. In Tönning gefundene Tonpfeifen bestehen
daher zu einem großen Teil aus Goudaer Produkten. Eine Fragmente
tragen bekannte Marken wie das "Lamm unter dem Baum", "König
David mit Schwert und Haupt" und die "Schlange". Die Stieltexte
auf einigen anderen Fragmenten belegen den Gebrauch von Tonpfeifen aus
den deutschen Produktionsorten Itzehoe, Uslar und Wahmbeck in Tönning
im späten 18. und 19. Jahrhundert.
Stielfragment aus Uslar, um 1800
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Band 11/1998, S. 74 ff.
Rüdiger Articus: Ein Besuch in Gouda vor 288 Jahren
Auf seinen Reisen durch Deutschland und die benachbarten Länder
kam der Frankfurter Patrizier Zacharias Conrad von Uffenbach 1710 auch
nach Gouda und besichte eine Pfeifenbäckerwerkstatt. In seinem
Reisebericht, der erst postum veröffentlicht wurde, beschreibt
er den Herstellungsprozess, im Gegensatz zu vielen späteren Schilderungen,
in korrekter Weise.
Band 11/1998, S. 76-79
Martin Kügler: Bericht über das erste Schweizer Tonpfeifenkolloquium
in Liestal am 26. März 1998
Die Tagung fand im Kantonsmuseum Baselland in Liestal auf Initiative
von Michael Schmaedecke statt, der in seinem Beitrag über den Gebrauch
von Tonpfeifen im Gebiet der heutigen Schweiz referierte. R. Röber
verglich Tonpfeifenfunde aus Konstanz und Freiburg. Ausgewählte
Beispiele der Tonpfeifenproduktion in der Kurpfalz im 17. Jahrhundert
stellte I. Jensen vor. M. Kügler zeichnete anhand schriftlicher
Quellen detailliert die Importe von Tonpfeifen aus dem Westerwald in
die Schweiz im späten 18. und 19. Jahrhundert nach. Die Tagung
endete mit der Vorstellung von Tonpfeifenfunden aus Konstanz, Freiburg,
Breisach, Winterthur, der Burg Rötteln bei Lörrach, aus den
Kantonen Zug und Baselland sowie aus dem Westerwald.
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