Regelmäßige Flächenaufteilungen

Von 1995-2004 habe ich mich mit Problemstellungen der regelmäßigen Flächenaufteilung (figürlichen Parkettierungen) beschäftigt. Es gilt, eines oder mehrere Sujets so zu kombinieren, dass die vollständig abgebildeten Tiere oder Menschen so in einen Musterrapport gesetzt werden, dass, von einer nur der Verdeutlichung für den Betrachter dienenden Trennlinie abgesehen, kein Zwischenraum entsteht. Es darf also kein Teil eines Sujets von einem Teil eines anderen verdeckt sein und keine Fläche leer bleiben.

Hasen

Hasen (Radierung und Kaltnadel)

Regelmäßige Flächenaufteilungen sind selten. Wohl wegen der Anforderungen an Kompositionsvermögen, technische Fertigkeiten, Konzentration und vor allem Zeit haben sich bisher nur wenige Künstler wie Walter Crane, Kolo Moser, Johannes Itten und v.a. Maurits Cornelis Escher mit figürlichen Parkettierungen im engeren Sinn beschäftigt.

Sie entsprechen auch nicht den Erwartungen an moderne Kunst. Sie können nicht in einem genialen Moment der Eingebung entworfen und vollendet werden. Sie brauchen intensive Arbeit - gedanklich wie manuell und zeigen die Grenzen der Logik da, wo ein Motiv an seine Grenze stößt. Da wird der Habicht zu seiner Beute und der Mann ist Frau.

Habicht und Ente.

Habicht und Ente (Aquarell, Gouache und Bleistift)

Ein Motiv wiederholt sich wie Klone. - Doch ich mag nicht die scheinbare Perfektion von computergesteuerten Mustern, bei denen das immer gleiche Motiv im immer gleichen Takt berechnet wird. Mir ist der freie Rhythmus lieber, in dem die Hand die Wesen stets neu formt und so natürlich leichte Änderungen einbringt, die auch die Folgen eines Prozesses sind, - einer Beschäftigung zur Vollendung, die erst im Unendlichen abgeschlossen werden könnte.

Wie meine Vorgänger habe ich versucht, die Sprache der regelmäßigen Flächenaufteilung zu erweitern, mehr Dynamik aber auch mehr Ruhe in die Figuren einzubringen; die Bewegung trotz der Grenzen sollte freier scheinen. Die Motive sollen realer wirken, miteinander im Rapport interagieren, wie man es sonst von Genre- und Historienbildern kennt. Sie sollen allegorische Bedeutung in das Muster aufnehmen, in einzelnen Fällen bilden die Figuren Buchstaben und Worte, nehmen damit einen neuen Sinn an oder verstärken einen inhärenten (automorphe Parkettierung). Auch die Grammatik ist durch abgestufte bzw. in Höhe oder Breite verschobene Anordnung des Rapports erweiterbar.

Mann und Frau.

Mann und Frau (Kaltnadel)

Aber all das kann, finde ich, nur wirken, wenn die Komposition mehr ist als ein Muster: Erst wenn das Bild ornamental ist, sind alle Inhalte verbunden, sind die Grenzen der Überlegung (die mancher für so überlegen hält) gesprengt. Am spannensten finde ich an der Sache, das was unmöglich schien, möglich zu machen, allen Widerständen zum trotz.

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Gerald Volker Grimm